Nachbarschaft

Ein ganz gewöhnlicher Wochentag in Berlin.
Raucherpäuschen vor dem Büro. Es ist ruhig, leicht bewölkt und etwas frisch. Man genießt die Ruhe und den Wind.

An einem Fenster in der Ferne steht jemand und winkt.
Man winkt zurück, man ist freundlich.

Ich habe keine blasse Ahnung wer da wohnt. Wahrscheinlich kennt man sich vom Sehen auf der Straße. Oder eventuell von der Kasse im Kaufmannsladen.

Die Person winkt wieder. Man winkt irritiert aber reflexartig zurück.

Man schärft nun den Blick.

Die Person ist eine Frau. Heller Pulli, dunkle Haare, mehr ist nicht zu erkennen.

Mist, denkt man, kennt man sich doch?

Man sollte bei Gelegenheit mal wieder einen Sehtest machen. Der letzte war zur Führerscheinprüfung. Schon eine Weile her. Und man sitzt schließlich viel am Bildschirm.

Das Winken wird deutlich intensiver.

Nein, man kennt sich nicht. Das ist eine Aufforderung. Braucht die Frau eventuell Hilfe?

Man bewegt sich behäbig die Stufen hinunter und geht auf das Fenster zu.

Muss man sich sorgen? Ist Eile geboten? Oder doch eher Vorsicht? Man liest so viel. Schlimmes passiert in der Welt. Immer. Und überall.

Man beschleunigt den Schritt nun so, dass man nicht hastend wirkt und doch zügig vorwärts kommt. Das Winken steigert sich in der Intensität und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass doch Eile geboten wäre. Soll man rufen? Noch einmal zurückwinken?

Man ist in Rufweite, das Herz pumpt das Blut merklich kräftiger durch die Adern. Adrenalin lässt die Gedanken rasen. Und macht den Blick klarer.

Die Frau… sie hält etwas in der Hand.

Einen Lappen.

Sie putzt das Fenster.

Man schaut interessiert auf den Zettel an der Laterne. Keine Ahnung, was da drauf steht. Einfach bis zwanzig zählen und dann zurück ins Büro. Und nicht mehr so viel Kaffee.

Die Idee mit dem Sehtest ist gut, findet man.